Freitag, 27. April 2012


»Wir werden die Demokratie noch eine ganze Weile lernen müssen. Das fängt an beim Respekt für die Meinung anderer. Eine Demokratie braucht auch Parteien, die wirklich demokratisch funktionieren, anders als die Parteien, die wir heute haben. Als algerischer Bürger würde ich sagen, dass Ruhe einkehren muss, Frieden ist dringend nötig, wenn auch schwierig. Denn ohne Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben. Realistisch gesehen haben wir aber keine unabhängige Justiz in Algerien. Deshalb wird jedes Urteil jeweils nur von einer Seite akzeptiert werden und nicht von der anderen. Eine unabhängige Justiz ist in weiter Ferne. Trotzdem müssen wir anfangen mit dem Frieden und sehen, wie man nach und nach auch Gerechtigkeit herstellen kann. Wir dürfen nicht länger warten.«
Aus einem Interview mit Hamid Skif – algerischer Schriftsteller – im Deutschlandradio Kultur am 22.11.2005.

Donnerstag, 26. April 2012

Anstelle dessen eine wachsende Zahl von Kriegen, Bürgerkriegen, Sozialkatastrophen und globa­ler krimineller Netzwerke: Angst bestimmt weithin das heutige Bild von der Zukunft. In den „reichen Industriestaaten“ bedeutet das die Politik der Eindämmung und Abschottung, der „Festung Europa“, bei der wohl auch die Randstaaten wie Polen, Ungarn oder die Türkei trotz al­ler Abhängigkeiten als befreundete Grenzstaaten außerhalb des „neuen Limes“ bleiben müssen, mit dem sich Mitteleuropa seinen Wohlstand wie seine demokratische Lebensform schützen will, und gegen den sich auf der an­deren Seite der Welt die Ideologien der grundsätzlichen Ablehnung und Feindschaft etablieren, die auf Kontakt oder gar Frieden und Freundschaft, die sie als verlo­gen zurückweisen, nicht den gering­sten Wert mehr legen.

Können wir hier in Mitteleuropa, die wir noch für den Weltfrieden, Gerechtigkeit und inter­kul­tu­relle Toleranz eintreten wollen, die naheliegende Resignation überwinden? Können wir in unserem begrenzten Arbeitsbereich, konzentriert auf die Veränderung der gesellschaftlichen Situa­tion in unse­ren eigenen Ländern und auf Kontakte und Ausgleich mit unseren europäischen Nachbarn, in unse­rem Falle konzentriert auf das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland, oder in einem anderen Arbeitsfeld des Autors konzentriert auf das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland, etwas bewegen, verändern, zum Besseren wenden?

Das Deutsch-Polnische Verhältnis hat in diesem Rahmen verschiedene Dimensionen: histo­risch-zeitgeschichtliche Lasten und Chancen, Auseinandersetzung mit dem sozioökonomischen Wandel und der eigenen Krisenerfahrung, Chancen des interkulturellen gegenseitigen Lernens: in der Unter­schiedlichkeit der Wahrnehmungen die Gemeinsamkeiten menschlicher Existenz zu entdecken, die Rolle eines sich einenden Europas in der Welt neu zu überdenken...

Freitag, 20. April 2012

Das Buch
steht inhaltlich im Zusammenhang mit der aufregenden neuen Studie über Iran:

Gholamasad, Dawud, 2010: Irans neuer Umbruch. Von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben. Soziologische Diskurse. Hannover (Ecce-Verlag).

Weitere Texte von Gholamasad finden sich auf
http://www.iran-didaktik.de/Publikationen/Gesellschaft%20+%20Politik.htm

Ich möchte auf eine interessante Neuerscheinung aufmerksam machen:

Behrouz Alikhani:

Institutionelle Entdemokratisierungsprozesse

Zum Nachhinkeffekt des sozialen Habitus in Frankreich, Iran und Deutschland.

Dissertation Universität Hannover, 2011. Gedruckt mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Wiesbaden 2012 (Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften)

[ISBN: 978-3-531-19307-6 / ISBN 978-3-531-19308-3 (eBook) / DOI 10.1007/978-3-531-19308-3

Nähere Informationen unter:

Freitag, 13. April 2012

Weitergeleitete Umfrage:

Sayın OStR Gerhard Voigt,
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Doppelte Staatsbürgerschaft wieder zulassen
am 03.04.2012 um 13:15 Uhr von Söylemezoglu erstellt

Seit 1999 wird Migranten das Recht auf doppelte Staatsangehörigkeit verwehrt. Obwohl Bürger der EU Staaten, der Schweiz usw. dieses Recht in Anspruch nehmen können, dürfen Migranten, insbesondere die Migranten aus der Türkei, keine doppelte Staatsangehörigkeit haben. Dies stellt eine erhebliche Diskriminierung dar.

Hunderttausende von Migranten, insbesondere solche aus der Türkei, fühlen sich wegen dieser Gesetzesänderung ausgegrenzt. Die Verweigerung der doppelten Staatsbürgerschaft hat nicht nur emotionale Auswirkungen, sie hat auch materielle Benachteiligungen zur Folge.

Die Loyalität eines Menschen gegenüber dem Staat, dessen Bürger er ist, läßt sich nicht auf diese Weise stärken. Im Gegenteil: Die ungleiche Behandlung beeinträchtigt das Zugehörigkeitsgefühl gegenüber Deutschland.

Es ist sehr wohl möglich, sowohl mit dem Herkunftsland, wie auch mit Deutschland emotional verbunden zu sein. Es gibt einen berühmten deutschen Migranten, der in die USA ausgewandert war, dort General im Bürgerkrieg, Senator und später Innenminister der USA geworden ist: Er hieß Carl Schurz und hat 1893 zu dieser Frage erklärt: “Wer sein altes Vaterland nicht ehrt, ist auch des neuen nicht wert. Wer seine Mutter nicht verehrt, der wird auch seine Braut nicht lieben.“

Die Rückkehr zu der ursprünglichen Regelung und die Zulassung der doppelten Staatsangehörigkeit wäre ein Signal dafür, dass Migranten in diesem Land willkommen sind. So wird das Vertrauen und das Gefühl der Zugehörigkeit gestärkt.



Der Vorschlag wurde folgenden Themen zugeordnet:

Deutschland in den Augen der Welt

57047Stimmen

Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin
https://www.dialog-ueber-deutschland.de/DE/20-Vorschlaege/10-Wie-Leben/Einzelansicht/vorschlaege_einzelansicht_node.html?cms_createdComment=1&cms_idIdea=16546&cms_resourceId=491258&cms_ideaId=16546

Friedensbedrohung in Nahost

Es wird Zeit, im Streit über die Bedrohungslage im Nahen Osten von stereotypen und emotionalen Reaktionen herunter zu kommen, um friedenspolitischen Kriterien das notwendige Gewicht zu geben. Auch wenn Günter Grass selbst mit Betroffenheitsstereotypen spielt – was die Lektüre seines „Gedichts“ eher peinlich erscheinen lässt – wäre nicht ein „Aufschrei“ der „Übelnehmer“ angebracht, sondern ein nüchterner Blick auf die Vielschichtigkeit der Bedrohungslage. Schon 2006 hat der exiliranische Autor und scharfe Gegner der Mullah-Herrschaft in Iran, Bahman Nirumand, bedenkenswertes über den Atomkonflikt gesagt – wenn auch heute einige Aktualisierungen angebracht sind, die die Grundeinschätzung nicht verändern:

»Der Atomstreit hat längst die ihm gebührende Dimension überschritten. Die Irrationalismen und Emotionen, die bei diesem Konflikt mitschwingen, haben ihm eine Bedeutung verliehen, die nun mit nahezu allen Problemen belastet ist, die zwischen dem christlichen Abendland und dem islamischen Morgenland existieren oder auch nur denkbar sind. Wie sonst ließe sich erklären, dass schon der bloße Verdacht, denn bis zum heutigen Tag gibt es dafür keinerlei Beweise, der Iran könnte die Fähigkeit zum Bau der Atombombe erlangen, im Westen Angst und Schrecken auslöst?

Niemand spricht mehr von Nordkorea, das angeblich im Besitz der Atombombe ist, niemand empört sich über die Nuklearwaffen, die sich in der Hand der pakistanischen Regierung befinden und möglicherweise bei der nächsten Wahl direkt in die Hände von Terroristen fallen werden, niemand redet von dem Atomwaffenarsenal Israels mit über 200 Atombomben, obwohl durchaus die Möglichkeit besteht, dass diese Bomben bei einer weiteren Zuspitzung des Nahostkonflikts eingesetzt werden. Für einen solchen Einsatz sind sie schließlich entwickelt worden.

Die Welt hat es auch mehr oder minder stillschweigend hingenommen, dass die USA mit Indien – einem Land, das sich bis heute weigert, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen, und längst zu einer Atommacht geworden ist – die Lieferung von atomarem Brennstoff und die Vermittlung von Atomtechnologie vereinbart haben.

Und es gab auch keinen Aufschrei, als Frankreichs Präsident Jacques Chirac dem Iran mit dem Einsatz von Atombomben drohte, oder als bekannt wurde, dass die USA ernsthaft einen atomaren Angriff gegen iranische Nuklearanlagen planen. Wenn man diese Drohungen in eine einfache Sprache übersetzt, lauten sie: Wir, Frankreich und die USA, dürfen so viele Atombomben bauen, wie wir wollen, weil wir zivilisiert sind, und wir dürfen sie auch einsetzen, um ein anderes Land wie den Iran, das nicht zivilisiert ist, zu zwingen, sein Atomprogramm aufzugeben.«

(Nirumand, Bahman, 2006: Iran – Die drohende Katastrophe. Köln. Kiepenheuer & Witsch. Aus der Einleitung.)

Um die herrschenden Ängste, die als historische Erfahrung das Handeln der Konfliktparteien im Nahen Osten bestimmen, abzubauen, hilft nicht der wütende „Aufschrei“ innerhalb stereotyp gewordener Freund-Feind-Schemata, sondern nur friedenspolitische Distanz und der Blick auf die Möglichkeiten, Bedrohungslagen ohne militärische Konflikte Schritt für Schritt abzubauen.

Mittwoch, 11. April 2012

Erinnerungen an Eghlid


Soeben habe ich ein neues Kapitel aus den Erinnerungen an meine Lebensgeschichte in meiner persönlichen WebSite eingestellt: über meinen Besuch 1970 in Eghlid / Fârs aus Anlass meiner Forschungsreise in den Iran für meine Staatsexamensarbeit. Dieser Bericht zeigt nun die etwas persönlicheren Erinnerungen und findet vielleicht auch Interesse!

Mit den besten (Oster-)Grüßen: Gerhard Voigt